Die Woche der Entscheidung in Durban

07. Dezember 2011 | Ott's Blogs | 
Am Wochenende bin ich im schwül-heissen Durban angekommen. Auf der Südhalbkugel hat der Sommer begonnen und in den letzten Tagen gab es hier immer wieder heftige Regenfälle. Vor ein paar Tagen sind dabei auch acht Menschen in den Townships ums Leben gekommen, als ihre Häuser den Wassermassen nicht mehr standhalten konnten. Tragischerweise war es die Monate zuvor viel zu trocken gewesen. Am Sonntag habe ich Bauern in der Umgebung besucht. Normalerweise ist um Weihnachten Erntezeit - aber aufgrund der extremen Trockenheit ist erst vor kurzem gepflanzt worden...

CC BY-NC-ND 2.0 Oxfam International

Es ist wieder deutlich geworden, dass die Ärmsten immer am stärksten von solchen Unwetterereignissen betroffen sind. Der Klimawandel ist da und er hat unmittelbare Auswirkungen auf ihr und auch auf unser Leben.

Die zweite Woche einer Klimakonferenz beinhaltet immer das sog. "High-Level-Segment", also der Teil einer UN-Konferenz wo die Minister (und manchmal die Regierungschefs) alle Streitpunkte ausräumen sollen. Der deutsche Umweltminister Röttgen ist ebenfalls gerade angereist. Unter schlechten Umständen - die Bundeskanzlerin hat ihm in ihrer wöchentlichen Videobotschaft ein faules Ei ins Nest gelegt, indem sie das Scheitern des Klimagipfels schon als Tatsache hingestellt hatte. Jetzt müsste er reagieren, müsste Initiative zeigen und allen Unkenrufen zum Trotz für ein gutes Ergebnis der Klimakonferenz kämpfen. Aber er tut es nicht, hackt stattdessen auf China rum weil dessen Bereitschaft die Treibhausgase zu reduzieren angeblich nicht klar genug sei.

Das reicht nicht. Dabei haben Deutschland und die EU so viel Einflussmöglichkeiten. Wer aber vor vornherein nicht an ein Gelingen glaubt, der verhandelt auch nicht richtig. Dabei ist einer der Hauptgründe für die festgefahrenen Verhandlungen die Weigerung der alten Industriestaaten in Vorleistung zu gehen. Immer wieder die Forderung, die anderen sollten doch zuerst oder auch was tun. Solange dieses Mikadospiel weitergeht, solange darauf gewartet wird dass andere sich zuerst bewegen, so lange wird es keinen Fortschritt geben - und so lange sollte Deutschland nicht mit dem Finger auf andere zeigen.


Der Hauptverhinderer in Durban ist wieder einmal die USA. Seit 17 Jahren höre ich auf allen Konferenzen immer wieder dasselbe und bin es wirklich leid. Deshalb tut ein Strategiewechsel not: Wir Grüne fordern eine "Klimapolitik der unterschiedlichen Geschwindigkeiten" (KLUG). Wenn nicht alle Staaten sofort mitmachen können, dann muss eben eine Gruppe vorangehen und ernsthaft Klimaschutz betreiben. Deutschland und Europa müssen aufhören ihr Handeln in der Klimapolitik vom Handeln anderer Staaten abhängig zu machen. Sie müssen vorangehen und mit der großen Mehrheit der Staaten eine Allianz bilden und einen neuen Klimavertrag aushandeln. Wie es Greenpeace-Chef Kumi Naidoo hier auf der grossen Klimademo formuliert hat: Wenn die USA nicht mitgehen wollen, dann sollten sie zur Seite treten und andere gehen lassen!


Umweltminister Röttgen sollte deshalb möglichst schnell im nächsten Jahr eine Konferenz der Vorreiter im Klimaschutz einberufen. Ohne die ewigen Zögerer und Zauderer wird man sich schnell auf ein Vorgehen einigen können. Die Ergebnisse können dann entweder im Rahmen der UNO umgesetzt werden - oder aber in einen parallelen Vertrag zum Schutz des Klimas münden.


Doch noch einmal zurück zu Durban. Die Klimakonferenz hat noch eine letzte Chance. Unsere grünen Prüfsteine sind: 1. ein klarer Beschluss über die Weiterführung der Verpflichtungen des Kyoto-Protokolls - damit der Himmel nach dem Auslaufen der Verpflichtungen Ende 2012 nicht wieder "offen" ist, 2. ein Fahrplan für ein verbindliches Klimaabkommen bis 2015 und 3. ein arbeitsfähiger "Grüner Klimafonds" für die internationale Klimafinanzierung. Das Letzte ist wichtig weil der Klimawandel heute schon in vielen Gegenden der Welt spürbar ist. Menschen verlieren ihr Leben, ihr Hab und Gut, ihr Land. Ihnen muss sofort und unbürokratisch geholfen werden. Das ist auch ein Prüfstein für die Bundesregierung: In unserem Antrag letzte Woche hat die grüne Bundestagsfraktion verlangt, das Deutschland zunächst eine Milliarde Euro in Aussicht stellt damit der Fonds sofort arbeiten kann. Denn der Klimawandel wartet nicht auf unsere langwierige Diplomatie.