Insbesondere muss sich die Bundeskanzlerin jetzt klar zu einem unkonditionierten Minderungsziel von mindestens 30 Prozent für die Europäische Union bekennen und dafür einsetzen. Die bisherige Zurückhaltung der Kanzlerin gegenüber diesem Schritt war ein Fehler und hat zum Vertrauensverlust geführt. Die Strategie ist klar: Deutschland muss kohleabhängige Staaten wie Polen und Tschechien beim Aufbau einer Energiewirtschaft auf erneuerbarer Basis unterstützen und so deren Zustimmung zu einer ambitionierten Klimapolitik der EU gewinnen.
Um Deutschland und die EU voranzubringen, muss die Bundesregierung in entscheidenden Fragen ihre bisherige Politik korrigieren. Vor allem muss sich die Bundesregierung in Deutschland endgültig von der geplanten Laufzeitverlängerung für AKW verabschieden. Der Weiterbetrieb von Schrottmeilern lässt sich nicht vereinbaren mit einer EU-weiten Hightech-Strategie, die das Ziel einer 100-prozentigen erneuerbaren Energieversorgung bis 2050 verfolgt. Auch muss sie den Ausbau und die Integration erneuerbarer Energien endlich als politische Aufgabe verstehen, einen Masterplan "Netze 2020" auf den Weg bringen und für eine staatliche Beteiligung an den Stromnetzen sorgen. Den aktuellen Forderungen aus der konventionellen Energiewirtschaft und Teilen der Union nach einer Abkehr vom EEG-Fördermodell zugunsten einer Marktintegration auf europäischer Ebene, muss die Bundesregierung dagegen eine klare Absage erteilen.
Zentral für die internationale Glaubwürdigkeit ist die Einhaltung finanzieller Versprechungen. Deshalb darf die in Kopenhagen durch die Kanzlerin erfolgte Zusage für eine Sofortfinanzierung des internationalen Klimaschutzes in Höhe von mindestens 420 Millionen Euro jährlich nicht mit bereits getroffenen Zusagen verrechnet werden. Der vom 2. bis 4. Mai stattfindende "Petersberger Dialog" zur Klimapolitik wäre ein passender Rahmen, um die volle Zusätzlichkeit der finanziellen Mittel zu verkünden.
Die EU hat ihre Vorreiterrolle bei den Klimaverhandlungen immer mehr verloren und sich mit großer Ungeschicklichkeit an den diplomatischen Katzentisch manövriert. Doch kann sie diesen Prozess umkehren. Um dies zu erreichen muss die Bundesregierung endlich handeln. Die Betonung von Kanzlerin Merkel und Bundesminister Röttgen, man wolle ein internationales Klimaschutzabkommen passt nicht zusammen mit dem gleichzeitigen Festhalten an klimaschädlicher Politik. Glaubwürdigkeit ist der Schlüssel für die kommenden Verhandlungen in Bonn und in Cancún. Und Glaubwürdigkeit beginnt immer bei der Politik im eigenen Land. Wenn Frau Merkel wirklich ein internationales Abkommen verfolgt, so hat sie in den nächsten Wochen genug Gelegenheit, dies auch mit Taten zu untermauern.