Klimapolitik: EU will weiter Mikado spielen - Bundesregierung muss Zick-Zack-Kurs beenden

11. Juni 2010 | Pressemitteilungen Bundespolitik | 
Zur heute vorgestellten Klimaschutzstrategie der EU-Kommission erklärt Dr. Hermann Ott, Sprecher für Klimapolitik: Es wäre ein weiteres klimapolitisches Armutszeugnis, wenn die EU ihr CO2-Reduktionsziel für 2020 nicht auf 30 Prozent erhöhen wollte. Spätestens seit dem gescheiterten Gipfel von Kopenhagen ist klar, dass Mikado-Spiele - wer sich zuerst bewegt, hat verloren - scheitern müssen.

Die anhaltende Diskussion um eine Erhöhung des Reduktionszieles macht deutlich, dass der Einfluss der Vertreter und Lobbyisten alter fossiler Strukturen in den EU-Gremien gefährlich groß ist.


Die heute vorgestellte Studie der EU-Kommission bietet keine Argumente für eine Verzögerung: Dort heißt es, wegen der Wirtschaftskrise seien die Kosten zum Erreichen des 30-Prozent-Zieles ein Drittel niedriger als angenommen. Die energiebedingten Emissionen in Europa sind 2008 um sechs Prozent und 2009 noch einmal um 11,6 Prozent gefallen. Zudem sei es ein Wettbewerbsvorteil für die europäische Industrie, die Umstellung auf CO2-armes Wirtschaften so früh wie möglich in Angriff zu nehmen. Andererseits fallen die mittel- und langfristigen Kosten umso höher aus, je länger man sich Zeit lässt mit der ernsthaften Bekämpfung des Klimawandels. Auch dies besagt die Studie.


Die Stoßrichtung eines Beharrens auf dem 20-Prozent-Ziel ist klar - keine "Belastung" der alten Industrien: Sollten die EU-Ziele nicht angepasst werden, so bräuchte die europäische Energie- und Industriebranche bis 2017 überhaupt keine Emissionsminderungen vorzunehmen. So wird aus dem Klimaschutzinstrument Emissionshandel ein Schutzinstrument für alte, fossile Industrien.


Offenbar hat man auch aus dem Scheitern der Verhandlungen von Kopenhagen nichts gelernt. Eine Erhöhung auf 30 Prozent würde erheblich zur Vertrauensbildung vor den anstehenden Klimaverhandlungen beitragen. Vor allem die Entwicklungsländer zweifeln an der Aufrichtigkeit der Industriestaaten, den Klimawandel ernsthaft zu bekämpfen. Mit dem möglichen Verzicht auf die Erhöhung läuft die EU Gefahr, in den kommenden Verhandlungen überhaupt keine Rolle mehr zu spielen.


Von der vermeintlichen "Klimakanzlerin" Merkel hört man in dieser Frage nur Schweigen, stattdessen fordert Wirtschaftsminister Brüderle eine Pause beim Klimaschutz. Ein offener Affront gegen Umweltminister Röttgen, der am gleichen Tag bekräftigt, er wolle eine Erhöhung des EU-Reduktionszieles auf 30 Prozent. Wir fordern die Bundesregierung auf, endlich mit diesem Zick-Zack Kurs aufzuhören und sich in der EU nachhaltig für eine Erhöhung des Reduktionszieles einzusetzen.


Gerade Deutschland und auch die EU insgesamt besitzen die Möglichkeit, mit Hochtechnologie Weltmarktführer beim Klimaschutz zu werden. Dazu sind jedoch anspruchsvolle Ziele und Maßnahmen erforderlich. Mit der Forderung nach einer Pause beim Klimaschutz, wird Klimaschutz und Wirtschaft ein Bärendienst erwiesen.