Gezeigt hat sich auf jeden Fall schon, dass die Atomindustrie und ihre Helfer sich mit Händen und Füßen gegen den endgültigen Atomausstieg wehren.
Ihre Argumente (neben glatter Erpressung) sind im Wesentlichen vier:
1. Ohne Atomenergie gehen die Lichter aus (schon widerlegt).
2. Ohne Atomenergie wird’s teuer (zweifelhaft, nach Ansicht der meisten Institute und Fachleute könnte der Preis für die Kilowattstunde kurzfristig um einen halben bis einen Cent steigen, schon mittelfristig wird’s billiger).
3. Ohne Atomenergie müssen wir Atomstrom aus dem Ausland importieren (ist durch eine Studie im Auftrag des WWF widerlegt, wäre auch für eine kurze Zeit vermutlich erträglich).
4. Ohne Atomenergie müssen wir Abstriche beim Klimaschutz machen.
Da offensichtlich die ersten Argumente nicht wirklich ziehen wird das Argument „Klimaschutz“ immer stärker in den Vordergrund geschoben. Doch das Argument trägt nicht – allerdings kommt es entscheidend auf die politische Gestaltung der Energiewende an!
Im Einzelnen:
Um das 2-Grad-Ziel zu erreichen, also die Klimaerwärmung global auf höchstens zwei Grad im Mittel zu begrenzen, muss die Energieversorgung möglichst schnell auf erneuerbare Energien umgestellt und unsere Art zu wirtschaften effizienter werden. Alle seriösen Studien, von unabhängigen Instituten bis hin zum Umwelt-Sachverständigenrat der Bundesregierung haben dies deutlich gemacht und gezeigt, dass und wie Deutschland zu einer sicheren Stromversorgung ohne Atomkraft und ohne fossile Energieträger gelangen kann.
Doch die in zentralen Großkraftwerken erzeugte Atomenergie verzögert die Umstellung auf Erneuerbare und damit die Chance den gefährlichen Klimawandel abzuwenden. So hat erstens die Laufzeitverlängerung für AKWs dringend notwendige Investitionen in klimafreundliche Erneuerbare Energien behindert, weil so ein atomarer Anteil an der Stromerzeugung sozusagen festgeschrieben wurde. Die so genannte „Brücke“ zu den Erneuerbaren war in Wirklichkeit eine Straßenblockade…
Zweitens passen Erneuerbare Energien und Atomkraftwerke ganz grundsätzlich nicht zusammen, weil AKWs rund um die Uhr Strom erzeugen und einspeisen müssen, auch wenn Wind, Wasser und Sonne im Überfluss da sind. Gefragt sind deshalb als „Brücke“ allenfalls solche Kraftwerke, die schnell zu- oder abgeschaltet werden können, wie es bei Gaskraftwerken der Fall ist. Atomkraftwerke brauchen mehrere Stunden bis zu mehreren Tagen, um ab- und angefahren zu werden. Das mit zunehmenden Ausbau Erneuerbarer Energien erforderliche ständige Hoch- und Runterregeln der AKW macht diese außerdem noch störanfälliger. Daher behindern die Atomkonzerne den Ausbau der Erneuerbaren, um mit ihren abgeschriebenen Meilern ohne neue Investitionen weiter Geld zu verdienen.
Für Deutschland ist ein Ausstieg aus der Atomenergie also ein Beitrag zum Klimaschutz. Aber wie ist die Lage international? Eine Studie der Universitäten in Stanford und Davis kommt zu dem Schluss, dass es möglich ist, weltweit komplett auf Erneuerbare Energien umzustellen und zwar bis 2030. Selbst wenn man bestimmte Annahmen ablehnt bzw. als unrealistisch einstuft – alleine die Existenz dieser Studie zeigt, dass der globale Umbau möglich und realistisch ist. Wo noch vor wenigen Jahren nicht einmal Studien für Deutschland existierten!
Für den Ausstieg in Deutschland hat die grüne Bundestagsfraktion einen Fahrplan beschlossen. Wir streben an, das Atomzeitalter in Deutschland in der kommenden Legislaturperiode endgültig zu beenden (http://gruenlink.de/m5).
Das kann gelingen, wenn jetzt schnell die rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Dazu bedarf es vor allem eines beschleunigten Ausbaus der Erneuerbaren Energien, Investitionen in Energieeffizienz, Energieeinsparung und Energiespeicher sowie in die Modernisierung der Netze. Das Umweltbundesamt hat in einer Studie deutlich gemacht, dass der Atomausstieg unter Wahrung der Energiesicherheit und der Klimaschutzziele bis 2017 möglich ist.
Aber welchen Einfluss hat denn nun die Atomenergie auf das Erreichen der Klimaschutzziele? Dies wurde u.a. vom Potsdam Institut in aufwendigen Modellrechnungen untersucht. Das Ergebnis ist klar: Ein 2°C-Klimaschutz-Ziel ist bei einem globalen Atomausstieg erreichbar. Ein Neubau von AKW ist nicht nötig und nicht sinnvoll. Allerdings muss man – so wie wir das wollen – den Anteil Erneuerbaren Energien weltweit konsequent ausbauen.
Schon die Grundannahme der Atomkraftbefürworter stimmt nicht – dass nämlich die Atomenergie einen nennenswerten Beitrag zum Klimaschutz überhaupt leisten könnte. Denn nur 2,5 Prozent der weltweit verbrauchten Endenergie steuern die etwas über 400 AKWs bei, in Deutschland sind es rund sechs Prozent. Um die Klimagasemissionen spürbar zu verringern, müsste schon eine ganze Armada neuer Atomkraftwerke gebaut werden. Die Internationale Energieagentur (IEA) hat die irrsinnige Zahl von über 1.300 neuen AKWs errechnet, die erforderlich wären, um bis 2020 die Klimagasemission deutlich zu senken. Das hieße: Ab sofort müsste alle zwei Wochen ein neues Atomkraftwerk in Betrieb gehen – eine absurde Vorstellung! Bei diesen Zahlen steigen auch härteste Atomkraftbefürworter sofort aus, denn das kann und will sich niemand vorstellen. Probiert es mal aus!
Es gibt übrigens auch einen rein praktischen Grund für die geringe Bedeutung von Atomkraft für den weltweiten Klimaschutz: Atomkraft kann nur zur Stromerzeugung aber nicht direkt zur Wärmeerzeugung oder für den Transportsektor eingesetzt werden. Und diese Stromerzeugung kann eben – im Gegensatz zu Verkehr und Wärme relativ leicht – durch Erneuerbare Quellen ersetzt werden.