17. Internationale Klimakonferenz in Durban

  • Der Antrag der grünen Bundestagsfraktion: Klimakonferenz in Durban: 10 Punkte für ein besseres Klima. Download als PDF-Datei


Rede von Dr. Hermann Ott zur Weltklimakonferenz in Durban

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10 Punkte für ein besseres Klima

Ab dem 28. November 2011 findet in Durban die 17. Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention statt. Die Aussichten auf ein weltweit verbindliches und gerechtes Klimaschutzregime haben sich in den letzten Monaten nicht verbessert. Allenfalls in Detailfragen gibt es Bewegung. Während die Verhandlungen in den wichtigen Punkten insgesamt auf der Stelle treten, mahnt die internationale Gemeinschaft der Klimawissenschaftlerinnen und -wissenschaftler zum Handeln. Nach neuesten Daten des amerikanischen Energieministeriums lag der Anstieg der Kohlendioxidemissionen von 2009 auf 2010 bei 6 Prozent – so hoch wie nie zuvor. Wir bewegen uns auf eine mindestens um 4 Grad Celsius wärmere Welt zu – vorausgesetzt, die wenig ambitionierten Minderungszusagen der Kopenhagen-Konferenz werden überhaupt eingehalten. Den Verhandlungen läuft die Zeit davon. Schon jetzt ist absehbar, dass die Prognosen des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change – IPCC) zu den Auswirkungen des Klimawandels eher vorsichtig waren. Es ist zu erwarten, dass der nächste Bericht des IPCC eine verschärfte Zukunftsprognose geben wird.


Die notwendigen Maßnahmen um eine Erwärmung der Erde auf 2 Grad, oder besser 1,5 Grad Celsius, zu begrenzen sind längst bekannt. Die Technologien und auch die finanziellen und Mittel, um eine Klimakatastrophe abzuwenden, sind grundsätzlich vorhanden. Die Bereitschaft der Menschen ist ebenfalls groß, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Was fehlt, ist allein der politische Wille zu einer schnellen Umsetzung. Je länger sich die internationale Gemeinschaft aber Zeit lässt, umso teurer wird die Bekämpfung des Klimawandels werden und umso höher steigen die Kosten für die Anpassung an seine Folgen. Mit jedem Jahr das verstreicht, müssen umso stärkere Schritte zur Treibhausgasre- duzierung unternommen werden, mit entsprechend höheren Kosten. Außerdem wird es mit jedem „verlorenen“ Jahr unwahrscheinlicher, dass das 2-Grad-Ziel überhaupt erreicht werden kann. Und bereits heute sind die unmittelbaren Klimawandelfolgen in allen Regionen der Erde spürbar, von Afrika über Asien bis Amerika.


Die EU und Deutschland müssen die Chancen des Wandels zu einer „kohlenstofffreien“ Gesellschaft ohne Atom und Kohle konsequent nutzen. Doch die internationalen Klimaverhandlungen stecken nach Minimalergebnissen der Klimakonferenz von Kopenhagen in einer schweren Krise. Diese Krise kann durch den Ansatz der unterschiedlichen Geschwindigkeiten im internationalen Klimaschutz (KLUG) überwunden werden. Diese Klimapolitik der unterschiedlichen Geschwindigkeit bedeutet u. a., dass die EU und Deutschland innerhalb und außerhalb der internationalen Verhandlungen konsequent als Vorreiter agieren und ihre Klimapolitik nicht von Nachzüglern und Verweigerern abhängig machen.
Durch erfolgreiche europäische und nationale Klimapolitiken sowie in der multi- und bilateralen Zusammenarbeit der Vorreiter mit interessierten Schwellen- und Entwicklungsländern sollen die bislang langsameren Staaten überzeugt und mit ins „Boot“ der Klimapolitik geholt werden.


Eine Einigung auf ein ambitioniertes, faires und verbindliches Klimaschutzregime mit ambitionierten Klimazielen ist unabdingbar für den weltweiten Klimaschutz. Ein solcher rechtsverbindlicher Vertrag ist wichtig und richtig, auch wenn die USA oder andere Staaten zunächst nicht mitziehen wollen. Denn wenn man die beste Lösung – also ein Abkommen unter Einschluss aller großen „Verschmutzer“ – nicht bekommen kann, dann muss auf die zweitbeste Lösung ausgewichen werden: ein Vertrag zwischen so vielen Industrie- und Entwicklungsländern wie möglich. Neben den UN-Verhandlungen (UN: United Nations – Vereinte Nationen) müssen darüber hinaus so viele bi- und multilaterale Initiati- ven mit Schwellen- und Entwicklungsländern zur Bildung von Vorreiterallianzen geben (z. B. Solarpartnerschaften, Auf- und Ausbau erneuerbarer dezentraler Energielösungen).


Vor der kommenden Klimakonferenz in Durban fordern wir die Bundesregierung auf, mit einem 10-Punkte-Aktionsplan eine echte Voreiterrolle in der Klimapolitik einzunehmen. So kann Bewegung in die Verhandlungen gebracht werden und vor allem verlorengegangenes Vertrauen, insbesondere der Länder des Südens, in die Ernsthaftigkeit des Nordens bei der Bekämpfung des Klimawandels zurückgewonnen werden.


1. Initiative für einen Fahrplan „Verbindliches Klimaregime spätestens bis 2015“

Ein verbindliches Klimaregime unter dem Dach des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (United Nations Framework Convention on Climate Change – UNFCCC), das alle Industrienationen aber auch Schwellen- und Entwicklungsländer mit einschließt, muss das erklärte Ziel des internationalen Klimaprozesses bleiben. Es ist jedoch davon auszugehen, dass ein solches Ziel in Durban noch nicht zu erreichen sein wird. Aber nach den unzureichenden Ergebnissen von Kopenhagen und ersten positiven Signalen von Cancún gilt es jetzt, ein Ziel für einen neuen Anlauf ins Auge zu fassen und mit einem konkreten Fahrplan darauf hinzuarbeiten. Die internationale Klimapolitik verläuft durchaus in mehrjährigen Zyklen. In den kommenden Jahren stehen wichtige Weichenstellungen an, die maßgeblichen Einfluss auf die Verhandlungen haben werden. In den USA stehen Präsidentschaftswahlen an und auch einige europäische Mitgliedstaaten wählen ihre Parlamente und Regierungen neu. Außerdem wird ein neuer Sachstandbericht des IPCC erwartet und im Rahmen der Klimarahmenkonvention steht der vereinbarte Reviewprozess an, wie die Lücke zur Erreichung des notwendigen 2-Grad-Ziels geschlossen werden kann. Die Bundesregierung muss sich international für die Verabschiedung eines Fahrplans im Hinblick auf ein umfassendes und verbindliches Klimaregime im Jahr 2015 einsetzen. Zum ersten Schritt eines solchen Fahrplans gehört, dass sich die Bundesregierung intensiv für eine Verlängerung der ersten Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls durch Beschluss in Durban einsetzt. Die EU muss ihre Bereitschaft erklären, die Kyoto-Ziele und ihre eigenen Ziele einzuhalten.Ohne eine Verlängerung der Kyoto-Verpflichtungen wäre nicht nur der Himmel wieder „offen“ und der sich gerade entwickelnde globale Kohlenstoffmarkt in akuter Gefahr. Auch die im Kyoto-Protokoll vereinbarten Regeln zur Berechnung der Emissionen (Accountingregeln) zur Anerkennung von erbrachten Minderungsleistungen könnten so „verlorengehen“ und den weiteren Verhandlungsprozess zusätzlich belasten.


2. Neue Initiative für eine transatlantische Kooperation in der Klima- und Energiepolitik

Die USA waren über Jahrzehnte der größte Emittent von Klimagasen und sind erst kürzlich von der Volksrepublik China abgelöst worden. Die derzeitige innenpolitische Lage macht es der amerikanischen Regierung sehr schwer, einem internationalen Klimaregime zur Bekämpfung des Klimawandels beizutreten. Gleichzeitig ist ein ernsthaftes Engagement der USA bei der Bekämpfung des Klimawandels unabdingbar. Deshalb muss die Klimapolitik zu einem zentralen Schwerpunkt in den transatlantischen Beziehungen gemacht werden. Die Bundesregierung muss einen Vorschlag vorlegen, mit welchen Initiativen die Kooperation zwischen den USA und Deutschland bzw. der EU ausgebaut werden soll, um den Klimaschutz voranzubringen. Dies betrifft in erster Linie politische, technische und wissenschaftliche Aspekte der Klima- und Energiepolitik. Insbesondere die im Jahr 2008 gegründete Transatlantische Klimabrücke muss substanziell ausgebaut und verstetigt werden. Dabei soll neben dem Austausch auf politischer Ebene auch der transatlantische Dialog zwischen zivilgesellschaftlichen Akteuren wie Umweltverbänden, Vertretern der Wissenschaft und Bildungspolitik sowie Medienvertretern gestärkt werden. Eine Schlüsselrolle kommt in den USA einzelnen Bundesstaaten wie z. B. Kalifornien zu, die ernsthafte Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels unternehmen. Die Bundesregierung ist aufgefordert, sich verstärkt mit den einzelnen Bundesstaaten der USA im Bereich der Klimapolitik auszutauschen und Partnerschaften z. B. auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien und der Elektromobilität zu unterstützen. Es muss geprüft werden, inwiefern die auf Bundesstaatenebene bereits vorhandenen Emissionshandelssysteme mit dem europäischen Emissionshandelssystem verknüpft werden können.


3. China als wichtigen Partner im Klimaschutz einbinden

Die Bundesregierung muss die Klimapolitik zu einem Schwerpunkt ihrer Beziehungen zu China als größtem Emittenten von Klimagasen machen. Die Herausforderungen durch den Klimawandel sind der Staats- und Parteiführung in China bewusst. Gravierende Umweltschäden wie Wasserknappheit, Wüstenbildung oder Gletscherschmelze sind nicht zuletzt auch auf den fortschreitenden Klimawandel zurückzuführen und werden sich nach den Prognosen der Klimawissenschaft in den nächsten Jahrzehnten deutlich verstärken. Die im Januar 2009 mit der chinesischen Regierung vereinbarte deutsch- chinesische Klimapartnerschaft muss überprüft, erweitert und mit zusätzlichen Finanzmitteln ausgestattet werden. Die Bundesregierung muss Initiativen für EU-weite Partnerschaften mit China zum Klimaschutz voranbringen und regelmäßige Konsultationen auf EU-Ebene mit China zum Klimaschutz abhalten. Notwendig sind vor allem konkrete enge Kooperationen zur Etablierung von Klimaschutzinitiativen in China. Dabei gilt es allerdings, Scheinmaßnahmen zum Klimaschutz, wie etwa Atomkraft und Kohle-CCS (CCS: Carbon Capture and Storage), auszuschließen. Denn insbesondere solche sind teilweise in den chinesischen „Low Carbon Development Strategies“ angelegt. Die Bundesregierung muss auch den Aufbau eines chinesischen Emissionshandelssystems (zunächst in Regionen) nach Kräften unterstützen und sich für eine möglichst zeitnahe Verknüpfung mit dem europäischen Handelssystem engagieren und die notwendigen Voraussetzungen dafür schaffen. Der Klimaschutz muss konsequent auch in den Handelsbeziehungen mit China thematisiert werden und Investitionsabkommen mit China im Bereich der erneuerbaren Energien, gerade auch im dezentralen Bereich, müssen vorangebracht werden.


4. Eine deutsche EU-Initiative für ein unkonditioniertes Klimaziel der EU von mindestens minus 30 Prozent bis 2020

In ihrer Mitteilung vom 8. März 2011 „Fahrplan für eine kohlenstoffarme Wirtschaft in 2050“ macht die EU-Kommission deutlich, dass allein durch die konsequente Umsetzung der schon beschlossenen Energieeffizienzziele eine Minderung der CO2-Emissionen um 25 Prozent bis zum Jahr 2020 möglich ist. Die EU-Kommission macht in dieser Mitteilung ebenfalls deutlich, dass in der EU die Treibhausgasemissionen im Jahr 2009 um 16 Prozent niedriger waren als im Jahr 1990. Auch im Jahr 2010 lagen die Treibhausgasemissionen der EU um 15,5 Prozent unter dem Niveau von 1990. So wird klar, dass die EU bei dem bisherigen Minderungsziel von 20 Prozent bis zum Jahr 2020 ihre Emissionen in den folgenden zehn Jahren nur um wenige Prozent absenken müsste. Damit würde die EU keine Vorreiterrolle beim Klima- schutz übernehmen und die südlichen Partnerländer könnten zu Recht an der Ernsthaftigkeit der EU bei der Bekämpfung des Klimawandels zweifeln. Auch ihre Glaubwürdigkeit als Akteur für eine globale Klimagerechtigkeit ginge verloren. Der Einsatz für eine Erwärmung um höchstens 2 Grad Celsius wird unglaubwürdig, solange das eigene Ziel diesem nicht genügt. Um die Klimaverhandlungen voranzubringen, muss verlorengegangenes Vertrauen zurückgewonnen und Misstrauen abgebaut werden. Dies kann man nur mit einer Vorreiterrolle erreichen – indem also die EU sich selbst effektive Klimaschutzziele setzt und diese einhält. Die Anhebung des europäischen Klimaziels wäre darüber hinaus auch wirtschaftlich attraktiv, zusätzliche Investitionen in den Klimaschutz würden mobilisiert und neue Arbeitsplätze geschaffen. Außerdem würde so auch der derzeitigen Überaus- stattung der Wirtschaft mit Emissionszertifikaten entgegengewirkt werden.


Ein solcher Beschluss zur Erhöhung des europäischen Klimaziels sollte spätestens beim EU-Frühjahrsrat 2012 getroffen werden. Dies wäre auch ein wichtiges Signal für die Rio+20-Konferenz, die im Jahr 2012 stattfindet. Die Bundesregierung muss zudem zusammen mit den anderen EU-Partnerländern Abhängigkeiten von fossilen Energieträgern in der Gemeinschaft iden- tifizieren (z. B. in Polen und Tschechien) und Maßnahmen und Initiativen erarbeiten, die besonders betroffenen Ländern bei der Bewältigung dieser Abhängigkeiten helfen können.


5. Die Südafrikanische SARi-Initiative finanziell ausstatten und eine Umset- zungspartnerschaft mit Südafrika im Bereich der erneuerbaren Energien ein- gehen

Südafrika will den Ausbau der erneuerbaren Energien im eigenen Land in den nächsten Jahren deutlich vorantreiben. Dazu wurde eine Initiative namens SARi (South African Renewables Initiative) auf den Weg gebracht.


Für dieses Ziel soll die Finanzierung von Erneuerbare-Energien-Projekten vereinfacht werden, auch durch ausländische Investitionen. Geplant ist, den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung von derzeit nahezu 0 Prozent auf bis zu 15 Prozent bis 2025 anzuheben. Dies würde dann einer Gesamtkapazität von 23 GW entsprechen. Ferner soll der Ausbau der erneuerbaren Energien dazu beitragen, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2025 um 42 Prozent gegenüber der sonst zu erwartenden Entwicklung zu reduzieren. Im Rahmen der SARi-Initiative werden vor allem auch neue Arbeitsplätze in Südafrika entstehen. Deutschland soll seine Erfahrung und sein Know-how aus dem Bereich erneuerbare Energien und dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zur Verfügung stellen, Kapazitäten vor Ort entwickeln und sich finanziell an dieser Initiative beteiligen. In diesem Zusammenhang soll die Bundesregierung prüfen, wie eine globale „EEG-Export-Initiative“ im Sinne der Partnerinnen und Partner vor Ort auf den Weg gebracht werden kann.


6. Yasuní-ITT in Ecuador unterstützen

Die Yasuní-ITT-Initiative setzt ein zukunftsweisendes Signal zum Übergang ins Post-Öl-Zeitalter für Klima-, Biodiversitäts- und Umweltschutz. Der artenreiche Yasuní-Nationalpark im Amazonas von Ecuador ist einer der wichtigsten Hot Spots der Biodiversität weltweit. Doch der Urwald ist durch Holzeinschlag und Ölförderung massiv bedroht. Im Jahr 2007 trat der ecuadorianische Präsident Rafael Correa mit einem revolutionären Vorschlag an die Weltöffentlichkeit: Die riesigen Ölfunde unter einem Teilgebiet (Ishpingo, Tambococha, Tiputini – ITT) des Yasuní sollten nicht gefördert werden. Im Gegenzug sollte sich die internationale Gemeinschaft dazu bereit- erklären, die Hälfte der entgangenen Einnahmen zu kompensieren. In Deutschland stieß der Vorschlag auf große Resonanz; der Deutsche Bundes- tag hat ihn in der letzten Legislaturperiode in einem interfraktionellen Antrag unterstützt. Doch nach dem Regierungswechsel kam es zum Meinungsum- schwung im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Eine Einzahlung in den beim Entwicklungsprogramm der Ver- einten Nationen (UNDP) eingerichteten Treuhandfonds für Yasuní kommt für den Bundesminister Dirk Niebel nicht in Frage. Die Bundesregierung muss ihre Blockadehaltung aufgeben und zusätzliche Mittel (2012 ca. 50 Mio. Euro) für den Schutz von Yasuní bereitstellen. Die Investitionen in erneuer- bare Energien, den Rückbau der Ölschäden, den Waldschutz und die soziale Entwicklung sind wichtige Bestandteile der ecuadorianischen Strategie zur nachhaltigen, klimafreundlichen und gleichberechtigten Entwicklung des Landes. Deutschland muss diesen einmaligen und innovativen Vorschlag zur Rettung des Yasuní unterstützen und Ecuador auf dem Weg in eine Post-Öl-Gesellschaft begleiten.


7. Aufbau von erneuerbaren Energiesystemen in Entwicklungsländern

Die Energiewende mit 100 Prozent erneuerbaren Energien kann besonders effektiv da eingeleitet werden, wo eine Energieinfrastruktur fehlt oder unterentwickelt ist. Anstatt Technologien für Kohle- oder Atomkraftwerke zu exportieren, muss die Bundesregierung die Entwicklung und Armutsbekämpfung mit Investitionen in erneuerbare Energien voranbringen.
Der Zugang zu Energie ist ein Schlüsselfaktor, um Armut zu bekämpfen. Über 2,7 Milliarden Menschen in den Entwicklungsländern haben keinen Zugang zu modernen Energiedienstleistungen. Erneuerbare Energien bieten ein enormes Potenzial, da vor allem die arme Bevölkerung in den ländlichen Räumen vom Zugang über eine dezentrale Versorgung profitieren würde. Bislang wurden jedoch dezentrale und kleine Solaranlagen nur in beschränktem Maße gefördert. Das UN-Jahr 2012 unter dem Motto „Internationales Jahr der nachhaltigen Energie für alle“ soll bis 2030 dazu beitragen, allen Menschen Zugang zu moderner Energie zu verschaffen. Gleichzeitig muss darauf geachtet werden, dass die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien nachhaltig ist. Bis heute fehlen übergeordnete Ansätze und Systeme, die die Fragen der Energiearmut, des Klimaschutzes und der Versorgungssicherheit miteinander verknüpfen. Eine solche globale Strategie muss jetzt in Koope- ration mit den Entwicklungsländern entwickelt und in Aktionsplänen durch Pilotprojekte untermauert werden.
Für Entwicklungsländer ist das System der Stromeinspeisevergütung analog dem EEG bisher nicht geeignet, weil die Differenz zwischen Marktpreis und garantierter Vergütung nicht auf die Konsumenten umgelegt werden kann. Die Bundesregierung muss deshalb Einspeisesysteme für Entwicklungsländer vorantreiben, bei denen diese Differenz von einem internationalen Fonds übernommen wird, und Programme wie z. B. „GET FiT“ (Global Energy Transfer Feed-in Tariffs) unterstützen. So können wirtschaftliche Anreize und Armutsbekämpfung mit effektivem Klimaschutz kombiniert werden. Auch in der Implementierung ist dieses Instrument sehr effektiv, weil tatsächlich nur jede eingespeiste Kilowattstunde vergütet wird. Dadurch entfal- len aufwändige Kontrollsysteme. Die Bundesregierung soll entsprechende Programme politisch unterstützen und deren Implementierung international vorantreiben.


8. 1 Mrd. Euro Bundesmittel sofort, verbindlich und zusätzlich für den UNFCCC Green Climate Fund verbindlich zusagen

Der Green Climate Fund wurde auf der Vertragsstaatenkonferenz 2010 in Cancún beschlossen. Er soll als Finanzierungsfonds unter dem Dach der Klimarahmenkonvention dienen, um Projekte und Aktivitäten aus dem Klimaschutzbereich in Entwicklungsländern zu finanzieren. Die Einzelheiten der Ausgestaltung werden in Durban beschlossen. Die Bundesregierung muss schon jetzt erklären, dass sie bei entsprechender wirksamer Ausgestaltung des Fonds spätestens ab 2013 finanzielle Mittel bereitstellt, die schrittweise in wenigen Jahren auf zunächst insgesamt 1 Mrd. Euro anwachsen sollen. Die Vorlage eines transparenten und verbindlichen Finanzierungsplans seitens der Bundesregierung wäre ein Anreiz, den Green Climate Fund wirksam auszugestalten und arbeitsfähig zu machen. Die Gelder für den Fonds sollen als ein Teilbetrag im Rahmen der Verpflichtungen für den internationalen Klimaschutz bereitgestellt werden. Insgesamt muss die Bundesregierung für den internationalen Klimaschutz einen glaubwürdigen Finanzierungsplan vorlegen, der den weiteren notwendigen Mittelaufwuchs für die Zeit von 2013 bis 2020 beschreibt und verdeutlicht, in welchen Schritten der deutsche Anteil an den von der internationalen Gemeinschaft versprochenen 100 Mrd. US-Dollar bereitgestellt werden wird. Die Mittel für den internationalen Klimaschutz müssen tatsächlich neu und zusätzlich sein und dürfen nicht bereits für andere Entwicklungsprojekte vorgesehen sein. Derzeit stammen 88 Prozent der zugesagten deutschen Mittel aus schon bestehenden Zusagen bzw. waren schon vor der Klimakonferenz in Kopenhagen 2009 verplant.


9. Eine deutsche Initiative für eine Abgabe auf den internationalen Schiffsverkehr zur Finanzierung des internationalen Klimaschutzes auf den Weg bringen

Die internationale Gemeinschaft hat bereits in Kopenhagen beschlossen, bis zum Jahr 2020 eine Summe von 100 Mrd. US-Dollar pro Jahr für den inter- nationalen Klimaschutz bereitzustellen. In Zeiten der Schuldenkrisen und der Bemühungen zur Konsolidierung von Haushalten stellt dies eine Heraus- forderung dar. Eine Abgabe auf den internationalen Schiffsverkehr, dessen Emissionen mindestens 4,5 Prozent zum Klimawandel beitragen, ist eine gute Möglichkeit, um Mittel für den internationalen Klimaschutz zu generieren und gleichzeitig eine Bewegung hin zu effizienteren Transportmitteln zu unterstützen. Dabei muss sichergestellt sein, dass diese eingenommenen Mittel vollständig für den Klimaschutz und für Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel bereitgestellt werden. Darüber hinaus muss auch eine Abgabe auf den komplexeren internationalen Flugverkehr absehbar auf den Weg gebracht werden.


10. Nationales Klimaschutzgesetz verabschieden

Mit Blick auf die internationalen Klimaverhandlungen der Vereinten Nationen wäre es ein wichtiges Signal, wenn Deutschland sein erklärtes nationales Klimaschutzziel von minus 40 Prozent in einem Klimaschutzgesetz festschreiben würde. Wir fordern deshalb von der Bundesregierung, ein solches Klimaschutzgesetz vorzulegen, das rechtsverbindlich mittel- und langfristige Emissionsminderungsziele enthält und nachprüfbare Zwischenziele setzt. Damit die Ziele erreicht werden, sollen nach unserer Vorstellung regelmäßige Berichtspflichten der Bundesregierung gegenüber dem Deutschen Bundestag über die Einhaltung von Emissionsminderungsverpflichtungen und wirksame Sanktionen bei Zielverfehlungen im Gesetz enthalten sein. Ein solches Gesetz könnte den Anspruch Deutschlands auf eine Vorreiterrolle im Klimaschutz untermauern und die Verlässlichkeit des deutschen Beitrags zum Klimaschutz unterstreichen.
In diesem Zusammenhang muss Deutschland auch beim Abbau umwelt- und klimaschädlicher Subventionen international vorangehen. Dazu gehört die Vorlage eines konsequenten nationalen Plans zum Abbau dieser Subventionen. Das Umweltbundesamt beziffert die Höhe der klima- und umweltschädlichen Subventionen auf jährlich rund 48 Mrd. Euro.


Der Abbau dieser Subventionen wäre ein wichtiges Zeichen für die internationalen Partner, dass Deutschland den Strukturwandel seiner Wirtschaft konsequent angeht. Denn der ökologische und klimaverträgliche Umbau der Gesellschaft wird in Deutschland nur gelingen, wenn nicht gleichzeitig die Nutzung atomarer und fossiler Energiequellen durch Steuervergünstigungen oder durch direkte Zuschüsse gefördert wird.