Prof. Dr. Hermann E. Ott
Mit einem begeisterten Naturliebhaber als Vater war mir der Umwelt- und Klimaschutz als Lebensaufgabe früh in die Wiege gelegt. Als Ende der 70er Jahre den Rieselfeldern Münster, einem Vogelschutzgebiet in der Nähe meiner Heimatstadt, das Aus wegen einer geplanten Industrieansiedlung drohte, wurde ich aktiv, engagierte mich für den Schutz dieses einmaligen Feuchtgebiets und half mit seine Zerstörung zu verhindern.
Nach meinem Studium der Rechts- und Politikwissenschaften in München, London und Berlin versuchte ich, meine Liebe zur Natur und meine Begeisterung für die internationale Politik bzw. das Völkerrecht miteinander zu verbinden. Mein juristisches Referendariat verbrachte ich daher im Umweltbereich des juristischen Dienstes der damaligen EG-Kommission in Brüssel, beim Ozon-Sekretariat des UN-Umweltprogramms UNEP in Nairobi und in der Kanzlei Schily, Becker, Geulen (Fälle u.a. Mülheim-Kärlich, Schacht Konrad). Später inspirierte mich das Montrealer Protokoll zum Schutz der Ozonschicht zu meiner Doktorarbeit „Umweltregime im Völkerrecht“.
Endgültig verbinden konnte ich beide Leidenschaften ab 1994 beim Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie. Dort arbeitete ich erst als Projektleiter, ab 1998 als kommissarischer Leiter der Abteilung Klimapolitik und ab 2001 als Direktor der gleichen Abteilung. Anfang 2004 zog ich aus privaten Gründen nach Berlin um und baute das Berliner Büro des Instituts auf. Dort war ich zuständig für die Repräsentanz und Beratung in der Hauptstadt, für die Projektakquise und das Networking.
Von 2009 bis 2013 wurde ich als Abgeordneter des Wahlkreises Wuppertal I im Bundestag vom Berater zum Beratenen. Als klimapolitischer Sprecher vertrat ich die Fraktion Bündnis90/Die Grünen im Umweltausschuss und im Petitionsausschuss. In der Enquete-Kommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ und als Vorsitzender der Projektgruppe 3 der Enquete, „Wachstum, Ressourcenverbrauch und technischer Fortschritt – Möglichkeiten und Grenzen der Entkopplung“ konnte ich an der Schnittstelle von Wissenschaft und Politik die meines Erachtens größte Herausforderung des 21. Jahrhunderts untersuchen: Ein Wirtschaftssystem zu entwickeln, welches Wohlstand für bald neun Milliarden Menschen bereitstellt ohne die natürlichen Lebensgrundlagen zu zerstören. Es verstärkte sich ein Eindruck, den ich schon als einer der Autoren der Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“ gewonnen hatte: Dass die Klimapolitik zu begrenzt ist zur Lösung des Klimaproblems und dass wir unseren Stoffwechsel mit der Natur anders (und besser!) organisieren müssen. Nach meinem Ausscheiden aus dem Bundestag arbeitete ich ab Anfang 2014 als Senior Advisor für globale Nachhaltigkeits- und Wohlfahrtsstrategien wieder beim Wuppertal Institut, wo ich meine sach- und politikbezogenen Erkenntnisse aus dem Bundestag in der Forschungstätigkeit umsetzen konnte. Vor allem ein Projekt für das Umweltbundesamt (UBA) im Gefolge der Wachstums-Enquete hat mich besonders fasziniert: Zusammen mit dem IÖW und dem RWI erforschte ich die Zusammenhänge zwischen Postwachstumskonzepten und der Verringerung unseres ökologischen Fußabdrucks auf unserem Planeten (https://www.ioew.de/projekt/ansaetze_zur_ressourcenschonung_im_kontext_von_postwachstumskonzepten). Gleichzeitig initiierte ich als Fortsetzung der politischen Enquete eine „Zivile Enquete Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“. Im Juli 2016 wurde ich auf eine Honorarprofessur an der Hochschule für Nachhaltige Entwcklung in Eberswalde berufen.Ab September 2018 habe ich für die internationale Umweltrechtsorganisation ClientEarth das deutsche Büro in Berlin aufgebaut und geleitet. Es war ein wunderbares Abenteuer, all meine Erfahrungen im juristischen Bereich, in der Wissenschaft und in der Politik zu nutzen um eine neue zivilgesellschaftliche Organisation zu schaffen. Der Ansatz der strategischen Prozessführung erschien mir als das schärfste Schwert zur Durchsetzung von Klima-, Umwelt- und Naturschutz. Und es war gut, zu sehen, wie Staaten, staatliche Behörden und Unternehmen mit Hilfe des Rechts zu verantwortlichem Handeln verpflichtet werden können.
Seit dem 1. April 2024 arbeite ich als selbstständiger Berater / Consultant. Die Foren wechseln – der Klimaschutz und der Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen als Lebensaufgabe bleiben. Damit unsere Kinder und Enkel – und auch deren Kinder und Enkel – auf der Erde gute Lebensbedingungen vorfinden, die ihnen ein menschenwürdiges Leben ermöglichen.